Portrait von Amélie Strobino

Von Hadi Barkat 

Die Genfer Zeichnerin, die dieses Frühjahr das Buch "Pourquoi les vouivres raffolent des myrtilles" (»Warum Drachen verrückt nach Heidelbeeren sind«) veröffentlicht hat, war schon in jungen Jahren Illustrations- und Comic-Fan. Wir wollten mehr über die talentierte Künstlerin und ihre Beweggründe erfahren.

"Meine Figuren bewegen sich abseits der übligen Stereotype"

Wie bist du auf die Idee gekommen, Comics zu zeichnen? Was hat dich inspiriert?

Amélie Strobino: Der Comic ist eine Kunst-form, die mir seit meiner Kindheit gefällt. Später, als Jugendliche, bekam ich Lust, die Szenen, Figuren und Stimmungen, die meine Fantasie produzierte, in Bildform zu Papier zu bringen. Der Comic ist heute das Medium, das mir am meisten liegt, um Geschichten zu erzählen. 

"Pourquoi les vouivres raffolent des myrtilles" handelt von starken und unabhängigen Frauenfiguren...

Als Inspirationsquelle für meine drei vouivres (»Bergdrachen«) dienten mir europäische Sagen und Legenden überweibliche magische Wesen aus der Familie der Drachen. Die vouivres sind starke, machtvolle Hauptfiguren. Meine Nebenfiguren stehen ihnen in nichts nach. Die Mutter, Sève (»Elan«), ist gut im Bogenschiessen und kümmert sich gemeinsam mit dem Vater, Faillard, um die Waldarbeit; ihre Tochter Gentiane (»Enzian«) ist genauso mutig, intelligent und geschickt wie Résine (»Harz«), einer ihrer Brüder und die Dämonin Braise (»Glut«) kann problemlos mit ihrem Partner Soufre (»Schwefel«) mithalten. Meine Figuren bewegen sich abseits der Stereotype, die üblicherweise mit dem Genre verbunden sind.

Welche Erfahrungen hast du als Comicautoringemacht? Vor welchen Herausforderungen stehstdu als Frau in diesem Metier?

Ich bewege mich in einem Umfeld, das für das Thema Gleichstellung bzw. Gleichbehandlung der Geschlechter sensibilisiert ist. Trotzdem habe ich manchmal mit Personen zu tun, die immer noch– ob bewusst oder unbewusst – der Meinung sind, Comics seien ein »Männerberuf«. Ich habe das Glück, dem Autorinnenkollektiv La bûche anzugehören, dasein gleichnamiges Fanzine herausbringt. In diesem Netzwerk aus über ein hundert Autorinnen aus der Romandie besprechen wir gemeinsame Probleme und mögliche Lösungen. Das finde ich unendlich wertvoll.

Gibt es weibliche Vorbilder im Comicuniversum, die dich inspiriert oder in deiner eigenen Arbeitbeeinflusst haben?

Dass ich mich für diesen Weg entschieden habe, lag nicht daran, dass ich mich mit dem Werk einer ganz bestimmten Autorin auseinandergesetzt hätte. Aber ich finde es immer sehr motivierend, Pionierinnen oder auch Nachwuchsautorinnen kennenzulernen. Ich vergegenwärtige mir dann jeweils, dass wir alle Teil desselben faszinierenden Universums – des Comicuniversums – sind.

Welchen Rat würdest du anderen Frauen geben, die gerne Comicautorinnen werden möchten?

Glaube an dich; werde Teil von Autor*innennetzwerken,damit du dich mit Gleichgesinnten austauschenkannst; nimm dir Auszeiten, wenn du sie brauchst; vergiss nicht, dass es sich um einen Beruf handelt, indem man sein ganzes Leben lang dazulernt und sich weiterentwickelt (was übrigens ein grosses Glück ist). Das kann ich allen raten, Autorinnen wie Autoren.

Verrätst du uns einige deiner künftigen Comicprojekte?

Ich würde gerne weiterhin Geschichten für Kinder und Jugendliche schreiben und auch welche für Erwachsene. In meinem Kopf wimmelt es nur so von Ideen. Diesen Herbst werde ich sie zu Papier bringen und mit der Recherche für ein neues Projekt beginnen.