Hinter den Kulissen von Derborence mit Fabian Menor
Derborence von Fabian Menor macht den Auftakt in unserer Reihe von Graphic Novels, die nach den Werken von Charles Ferdinand Ramuz adaptiert wurden.
Fabian Menor mochte Tim und Struppi oder Blake und Mortimer nie. "Weil es zu viel Text gibt. Für mich hat beim Comic das Zeichnen Vorrang und wir zeigen in den Sprechblasen, was wir nicht zeichnen können", erklärt er auf einer Terrasse in der Genfer Altstadt.
Vielleicht verliebte sich der junge Designer und Illustrator deshalb sofort in die Werke von Charles Ferdinand Ramuz. "Wenn ich zeichne, komme ich direkt zur Sache", erklärt er. "Ich liebe Skizzen. Und Ramuz hat eine 'skizzenhafte' Handschrift: er beschreibt nicht viel Landschaften oder menschliche Beziehungen, er präsentiert ein grobes Szenario. Beim Lesen von Derborence füllte ich die Löcher in meinem Kopf selber. Dieser Text lässt Interpretationsspielraum. Und in den Zeichnungen kann ich zeigen, was Ramuz nicht schreibt."
"Mit Zeichnungen kann ich zeigen, was Ramuz nicht schreibt"
Ein solides Drehbuch
Derborence ist Fabian Menors zweite Graphic Novel. Als Helvetiq ihn anfragte, ob er bei dem Projekt mitmachen mochte, sah der 23-jährige Genfer eine grosse Chance. "Eines Tages werde ich Geschichten schreiben und zeichnen, die ich von A bis Z selbst erfunden habe, aber ich bin, narrativ gesehen, noch nicht so weit. Ramuz ist ein grossartiger Schriftsteller: Ich kann mich darauf verlassen, dass er ein solides Drehbuch erstellt", erklärt er.
Fabian, ermutigt von Zep, dem Schöpfer von Titeuf, veröffentlichte im Alter von dreizehn Jahren seine ersten Streifen in Le Lancéen, der Zeitung der Gemeinde Lancy (GE). "Damals fand ich es toll, dass meine Zeichnungen veröffentlicht wurden", erklärt Fabian Menor. "Und gleichzeitig machte es Sinn. Es fühlte sich richtig an." Kurz
nach seiner Tätigkeit bei Lancéen wurde er offizieller – und bezahlter – Illustrator von Clés de l’Ecole, der Zeitschrift des Departements für öffentliche Bildung in Genf.
Diese ersten beruflichen Erfolge beruhigten seine Mutter, selbst leidenschaftliche Designerin, die sich fragte, was aus ihrem neugierigen Sohn ohne besondere Ausbildung werden solle. Nach der obligatorischen Schulzeit begann Fabian eine Ausbildung zum Grafikdesigner. "Wir haben Logos und Flyer gemacht. Der Raum war voller Computer, wir hatten auch Informatikunterricht. Das hasste ich alles. Ich war von meiner Mutter inspiriert, die in den 80er-Jahren eine Art-Deco-Schule besucht hatte: Ich träumte von einem Dachboden und davon, von Hand zu zeichnen."
Respekt vor der Bergkultur
Aber Fabian hielt durch. Nach und nach begriff er, dass der Computer und die Programme darauf praktische Werkzeuge sind. Der Unterricht im Grafikdesign trainierte sein Auge, liess ihn die Grundprinzipien der Bildkonstruktion begreifen. Nach seinem Abschluss trat er in die Genfer Schule für Comics und Illustration ein, die von Zep gesponsert wurde. Und dort wurde sein Traum wahr. "Die Schule befindet sich auf dem Dachboden eines Gebäudes. Wir waren unter den Dächern, wir zeichneten von Hand. Wir haben viel zusammengearbeitet und voneinander gelernt. Regelmässig gab es Workshops mit tollen Comicautoren: Alfred, Blutch, Dominique Goblet, Anna Sommer, Guy Delisle ... Sie haben ihre Leidenschaft an uns weitergegeben. Ob jung oder alt, die Begeisterung ist dieselbe", erklärt der Mann, der sich heute mit anderen Künstlern, darunter Pierre Wazem, eine Werkstatt in Carouge teilt. Fabien bestreitet heute mit seinen Zeichnungen und Illustrationen seinen kleinen Lebensunterhalt.
Ein Meisterwerk von Charles Ferdinand Ramuz zu adaptieren, ist das nicht überfordernd? "Ich versuche, aufrichtig in meiner Herangehensweise zu sein. Und ich muss zugeben, dass ich anfangs weniger Angst davor hatte, mich auf grosse Literatur einzulassen, als davor, Probleme mit Wallisern zu kriegen – das heisst, vor der Kritik, die Bergkultur nicht zu verstehen. Ich wollte keinen historischen Comic machen; ich habe versucht, die Stimmung einzufangen und auf den Punkt zu bringen, wie Ramuz. Die Geschichte spielt in Derborence, könnte aber überall spielen. Ramuz berührt das Universelle und ich entdecke mich durch diese Arbeit."
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